Unterwegs. The Longest Way

Die Wut – Stopp in Usu

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Der ursprüngliche Plan sah vor, ein paar Wochen lang zu laufen, dann aufzuhören und nach Deutschland zurückzukehren. Ich musste ja noch Unikurse belegen und zwei Bücher fertig schreiben.

REHAGE_BLOG_010Also war ich nach ungefähr 500km unterwegs eigentlich bereit, es genug sein zu lassen. Doch ich war nicht darauf vorbereitet, dass jemand anders mich dazu zwingen würde. Und genau das passierte.

Natürlich war es zum größten Teil meine eigene Schuld.

Ich war mit einem 30-Tage-Touristenvisum unterwegs. Es war kurz vor dem Auslaufen, und ich brauchte eine Verlängerung, die ich mir angeblich in jeder chinesischen Stadt holen konnte. Also ging ich, als ich in der Stadt Kuytun ankam, zu den Leuten im Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) und fragte nach einer Visumverlängerung. Sie sagten nein, das könnten sie nicht machen.

Da merkte ich die Wut in mir.

Lange Rede kurzer Sinn, ich schrie sie an. Sie sagten, ich solle verschwinden. Das tat ich, und beim Hinausgehen machte ich noch ein Photo von ihrem PSB-Gebäude. Sie verlangten, dass ich es löschte. Ich fragte sie spöttisch, ob sie mich für einen Spion hielten.

Jetzt waren sie dran mit wütend sein.

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Ich hatte ein paar Freunde in der Gegend gefunden. Sie gingen eine Weile mit mir mit. Als ich mich wieder beruhigt hatte, fand ich, dass es dumm gewesen war, sauer auf die armen Regierungsbeamten zu sein. Ich ging zurück, um mich zu entschuldigen. Doch es war schon zu spät.

Als ich in der nächsten Stadt ankam, hielt mich ein Polizeiauto an und sagte, ich solle direkt zum nächsten PSB gehen. Ich antwortete, dass ich einfach zum Hotel gehen würde, um mich dort zu registrieren. Okay, sagten sie.

Dann tauchten sie im Hotel auf. Und nicht in nur einem Auto. Es waren ihrer zu viele. Sie durchsuchten meinen Raum und alle meine Sachen.

Letzten Endes bemerkten sie, dass ich ein GPS hatte. Es war mir nicht erlaubt, eins zu haben, sagten sie, keinem Ausländer war das erlaubt. Sie nahmen mein GPS, meinen Laptop und meinen Pass und gingen.

Sie wollten meine Sachen untersuchen. Und mich.

Ich war im Hotel gefangen. Wie lange, fragte ich sie. So lange es eben dauern würde, sagten sie. Dürfte ich denn hinausgehen und mir etwas zu essen besorgen, fragte ich. Klar, sagten sie. Da wurde mir klar, dass ich sowieso überwacht werden würde.

Jeden Morgen kam ein Polizist in Zivilkleidung zu meiner Tür. Ich wusste nur, dass er mit Familiennamen Wang hieß. Er stellte sich als ziemlich vernünftiger Typ heraus. Meistens fragte er mich Dinge. Was taten meine Eltern? Warum war ich in diesem Teil des Landes? Wie fand ich Taiwan? Oder Tibet? Ich antwortete auf alles, doch ich machte mir große Sorgen.

Nach ein paar Tagen verstanden wir uns ganz gut. Herr Wang lud mich zum Mittagessen in eine Nudelbude ein, und er sprach von seiner Tochter, die Piano lernte und hoffte, später vielleicht einmal zum Studium ins Ausland zu gehen. Ich sagte, dass das eine tolle Idee sei.

Eines Tages kam eine Frau von der Regierung. Sie schien ziemlich weit oben in der Hackordnung zu sein, und sie war todernst. Sie erklärte mir, dass ich einen schlimmen Fehler begangen hatte (das GPS herumzuschleppen), doch dass sie mich dieses Mal laufen lassen würden.

Ich bekam meine Dinge zurück, bedankte mich, gab jedem von ihnen etwas Gebäck, und dann ging ich.

REHAGE_001-2Wenn ich jetzt darauf zurückblicke, dann war es schrecklich dumm gewesen, der Wut nachzugeben. Andererseits musste ein bisschen Emotionalität ja nicht jedes Mal schlecht sein.

Es hatte eine Episode am zweiten oder dritten Tag meines erzwungenen Hotelaufenthaltes gegeben, als ich einen Freund bat, die Kabutze abzuholen und bei sich zu lagern. Als er sie auf seinen Kleinlaster lud, musste ich weinen.

Herr Wang, der Zivilpolizist, schien verwirrt zu sein: „Warum fasst du denn diesen Handkarren an und weinst?“ wollte er wissen.

„Weil ich weiß, dass ich ihn vermissen werde,“ antwortete ich.

Das war wahrscheinlich der Moment, in dem ihm klar wurde, dass ich tatsächlich kein Spion war, sondern einfach nur ein Dummkopf.

Englischer Blogeintrag dieses Tages: The Longest Way – Police And Thieves

Dies ist das letzte Video von diesem Teil der Reise (da ich ja ein Spion war und so):

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